
Ran an den Speck
Die Weihnachtsfeiertage letztes Jahr waren rum und die Waage zeigte bei mir mit 103 kg eine neue Rekordmarke auf. Da hieß es handeln: zwei bis drei Mal die Woche joggen, einmal täglich Salat und das Glas Rotwein nur noch am Wochenende. Eine Lageroptimierung hat hierzu einige Ähnlichkeiten: meist ist dort auch über Jahre der Bestand angewachsen und droht aus allen Nähten zu platzen. Was sind aber die richtigen Maßnahmen, um gezielt „abzunehmen"? Der obligatorische Gang durch die Lagerreihen und alles wegzuwerfen, was bereits zwei Inventuraufkleber hat, ist eher zu vergleichen mit einer Orangen-Blitzdiät. Sie bewirkt kurzfristig etwas, aber sich nur von Orangen zu ernähren, wirkt dauerhaft nicht. Wie bei vielen Projekten startet auch die Lageroptimierung mit einer Datenauswertung je Artikel (aktueller Bestand, monatlicher Zu-/ Abgang der letzten zwölf Monate, Mindestbestand, Wiederbeschaffungszeit usw.). Diese Daten lassen sich gemäß ihrer Wertigkeit (A/B/C) und ihrer Gängigkeit (X/Y /Z) clustern. Basiert darauf kann man Handlungsmaßnahmen ableiten, von denen einige nachfolgend erläutert sind:
Just-in-time-Lieferungen
Bei hoher Wertigkeit und verhältnismäßig konstantem Bedarf empfiehlt es sich, danach beliefert zu werden. Hierzu gehört auch, dass mit der Montage einige Wochen vorher Rücksprache gehalten wird, ob das Teil oder die Baugruppe wirklich wie geplant in KW X benötigt wird. Nicht selten ist der Bedarf dann doch erst ein bis zwei Wochen später.
Konsignationslager
Die Ware ist zwar physisch im eigenen Lager vorbanden, gehört aber wertmäßig und rechtlich noch dem Lieferanten. Es sollte nur bei gängigen Artikeln aufgesetzt werden, da die Ware nach 12 Monaten in den eigenen Bestand übergeht, wenn sie nicht vorher abgerufen wurde. Weiterhin sind Aspekte der Lagerabgrenzung zu beachten.
Rahmenabrufaufträge
Hierbei wird vertraglich eine Bezugsmenge (etwa für ein Jahr) mit dem Lieferanten vereinbart, jedoch nur im Einzelbedarf abgerufen. Dadurch hat man zwar den Preisvorteil, aber nicht das Lagervolumen am eigenen Lager. Tipp: Niemals die gesamte Vorjahresmenge als Bezugsmenge vereinbaren, da der Bedarf schwankt (eher 75 oder 66 Prozent).
Erfolgreiche Lagerwirtschaft ohne Sicherheitsbestand
Wer denkt, dass hiermit die Pfunde jetzt nur so purzeln, liegt falsch. Es gibt noch weitere Punkte zu beachten, die aber ebenso wirksam sind, wie etwa Mindestbestände/Losgröße/ Wiederbeschaffungszeiten zu überprüfen: Hohe/Niedrige Mindestbestände oder große Losgrößen resultieren aus der langen/kurzen Wiederbeschaffungszeit. Ist die WBZ veraltet, weil der Lieferant inzwischen die Ware nicht mehr innerhalb von Wochen sondern von Tagen liefern kann, kann auch der MB angepasst werden.
Sicherheitsbestände eliminieren
Wofür ist ein Sicherheitsbestand gut? Antwort: Wenn der Lieferant nicht pünktlich liefert. Wenn aber immer alles rechtzeitig kommt, ist auch kein Mindestbestand notwendig. Hört sich radikal an, ist aber nur konsequent und wird von verschiedenen Kunden erfolgreich so gelebt. Was für ein Sicherheitsbestand bei welcher Liefertreue notwendig ist, lässt sich gut mit einem Tool bestimmen.
Zu früh Lieferungen ablehnen
Zwar ist man glücklich, dass die Ware da ist, aber es belastet unnötig den Bestand. Diskutieren Sie dies mit dem Lieferanten auf Basis der Liefertreueauswertung.
Ran an den Speck
Last but not least müssen wir auch noch, an den Speck dran, der seit Jahren schon da ist - an die Altbestände. Eine Liste mit tausenden von Artikeln zu erzeugen, die der Service checken soll, bleibt meist ungeprüft liegen. Folgende Schritte haben sich hier bewährt:
Kleine Verschrottungslose
Definieren von Verschrottungslosen mit max. 200 bis 400 Artikeln. Diese werden dann auch vom Service bearbeitet. Setzen Sie auch ein Zeitlimit für die Bearbeitung. Schlagen Sie gegebenenfalls auch nur eine Teilmenge zur Verschrottung vor, da nicht alle 1.200 Schrauben des Typ X als Ersatzteile auf Lebenszeit vorgehalten werden müssen.
Unter anderem mit diesen Maßnahmen konnten wir Lagerreduzierungen von 20 bis 30 Prozent erreichen. Haben also Platz geschaffen für Umorganisationen oder für die Montagebereitstellung. Das „Gewicht" gilt es zu halten in 2014.
Veröffentlicht in:
All About Sourcing, 2014/04