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Eine gute Stammdatenqualität ist kriegsentscheidend
Geschrieben von:  Dr. Mark Krieger | | Geschätzte Lesezeit 7 Minuten

Eine gute Stammdatenqualität ist kriegsentscheidend

Künstliche Intelligenz ist vielleicht das Hype-Thema unserer Zeit. Die Entwicklung vollzieht sich in einer schier unglaublichen Geschwindigkeit und was heute noch undenkbar scheint, kann morgen schon Realität sein. Viele Unternehmen probieren KI-Anwendungen aus, auch im Einkauf, wobei ChatGPT von OpenAI derzeit die Nase vorn hat. Aber was genau lässt sich damit machen? Wie gehe ich an die Sache ran? Und sind die Erwartungen an KI vielleicht doch zu hochgesteckt? Einer, der auf diese Fragen antworten kann, ist Alexander Call, Berater bei Durch Denken Vorne Consult. DDV hat eine speziell auf die Bedürfnisse des Einkaufs zugeschnittene, auf ChatGPT basierende Lösung entwickelt. Im Gespräch mit MBI Einkäufer im Markt zeigt Call die Potenziale und Grenzen der künstlichen Intelligenz auf.

Einkäufer im Markt: Herr Call, ist der Hype um KI im Allgemeinen und generative KI wie ChatGPT im Besonderen gerechtfertigt?

Der Hype um ChatGPT ist entstanden, weil es leicht zugänglich ist und man es relativ einfach bedienen kann. Um ChatGPT zu nutzen, benötigt man keine Programmierkenntnisse. Man kann sich mit dem System so unterhalten wie mit einem Menschen. Im Arbeitsalltag ist es so etwas wie der kleine Kollege nebenan.

Wo sehen Sie das Potenzial für den Einkauf?

Es gibt viele Anwendungsmöglichkeiten. Zum Beispiel SAP-Onboarding: Ich lasse mir eine Anleitung geben, Schritt für Schritt, und ChatGPT schreibt die ganze Prosa dazu. Dann füge ich noch ein paar Screenshots ein und fertig ist das Dokument. Oder wenn ich Verträge vergleiche, dann kann das System mir die Unterschiede aufzeigen und wie diese zu bewerten sind. Das erspart nicht die Rechtsabteilung, aber eine Menge Vorarbeit. Ein anderes Beispiel ist das Einkaufshandbuch. ChatGPT wird mir auf Anfrage sagen, was da noch fehlt – das kann man nicht eins zu eins anwenden, aber einige Punkte lassen sich doch mitnehmen.

Mein Lieblingsbeispiel ist die Einkaufsrichtlinie, die ich in einem Customized GPT für Kunden von Durch Denken Vorne und Interessierte gebaut habe. Da ist eine Beispieldatei hinterlegt, die u.a. Freigabematrizen enthält für den Fall, dass es zu einer Rechnungsabweichung kommt. Das System informiert mich, von wem ich die Unterschrift benötige und wie der Prozess aussieht. Oder welche Schritte bei einer Neulieferantenanlage zu beachten sind. Ein solches CustomGPT lässt sich auch für globale Einkaufsstrukturen umsetzen. Allgemein gesagt: ChatGPT funktioniert sehr gut, wenn es darum geht, Texte aufzusetzen, zu ergänzen oder zu bewerten.

Wie sieht es mit der Lieferantenrecherche aus? Hier sind ja schon seit einigen Jahren KI-gestützte Lösungen auf dem Markt.

Dafür eignet sich ChatGPT nur bedingt. Entscheidend ist, dass die Prompts so konkret wie möglich sind. Wenn ich frage: Suche mir Lieferanten für das Produkt X, dann werden mir nur die großen Hersteller genannt, die ich ohnehin schon kenne. Hier hilft nur eine schrittweise Anleitung weiter. Suche ich zum Beispiel Lieferanten für ein Netzteil in einem Schaltschrank, dann könnte ich ChatGPT fragen: Wie lauten die Fragen, die du der Konstruktion stellen würdest, um ein möglichst genaues Anforderungsprofil zu erhalten, inklusive der Kostentreiber? Und dann könnte ich die Suche noch geografisch eingrenzen, etwa nur Lieferanten aus Deutschland, Polen und Tschechien.

Es sollten aber nicht zu viele Fragen sein, fünf bis zehn reichen aus. Dennoch sollte gesagt sein, dass ChatGPT definitiv nicht das beste Tool zur Lieferantenrecherche ist, da gibt es geeignetere Anwendungen.

Sie sagen, ChatGPT ist der kleine Kollege von nebenan, den man immer fragen kann, wenn man nicht weiterweiß. Aber besteht nicht die Gefahr, dass man sich zu sehr auf das System verlässt? Was ist mit implizitem Wissen, dass nirgends schriftlich niedergelegt ist, sondern nur in den Köpfen existiert?

Ja, das Risiko besteht. Wenn ich einen Kollegen nach etwas frage und er weiß es nicht oder nicht mit Sicherheit, wird er mir das sagen. ChatGPT will mir aber immer weiterhelfen, das System möchte mir sozusagen stets gefallen. Ich muss ihn dann explizit auffordern, mir mitzuteilen, wenn er etwas nicht weiß. Wichtig ist hierbei, dass meine Fragen neutral formuliert sind und ich das System nicht unbewusst beeinflusse und seine Antworten in eine bestimmte Richtung steuere.

Was ist mit dem Datenschutz? Da haben Unternehmen oft Bauchschmerzen, wenn es um die Implementierung von KI geht.

Wer auf der sicheren Seite sein will, sollte ChatGPT auf eigenen Servern laufen lassen. Was man auch machen kann: eine eigene Umgebung aufbauen, wo das System über die Azure-Server von Microsoft läuft. Damit ist die DSGVO-Konformität gewährleistet. Nun ist es so, dass die ChatGPT-Nutzerdaten zu Trainingszwecken verwendet werden. Hier kann man zwar ein „opt-out“ wählen, also eine Einstellung, mit der man der Nutzung der eigenen Daten widerspricht. Ob OpenAI das auch einhält, ist eine andere Frage.

ChatGPT ist nicht das einzige Large-Language-Modell. Welches wird sich durchsetzen? Könnte es bei generativer KI zu einem Quasi-Monopol kommen, wie es Google im Bereich der Suchmaschinen hat?

Das glaube ich nicht. Neben Gemini von Google gibt es zum Beispiel Claude von Anthropic, Grok von xAI (Tesla) und Llama von Meta. Unter den Tech-Riesen herrscht im Bereich der generativen KI ein großer Wettbewerb. Außerdem haben die Modelle jeweils eigene Anwendungsbereiche. Da muss jedes Unternehmen genau prüfen, welches sich am besten für die eigenen Bedürfnisse eignet.

Allerdings ist ChatGPT als Pionier der Konkurrenz gefühlt immer einen Schritt voraus. Nicht zuletzt wird Open-AI von Microsoft unterstützt, deren Software in der Unternehmens- und Arbeitswelt nicht mehr wegzudenken ist. Interessant ist hierbei, dass SAP und Microsoft eine Kooperation hinsichtlich KI verkündet haben – das stärkt die Marktposition von ChatGPT zusätzlich. Aber in den nächsten Jahren wird sich noch einiges tun, da bin ich ganz sicher.

Sie haben bei Durch Denken Vorne an der Entwicklung einer speziellen Einkaufsversion von ChatGPT mitgewirkt. Wie sind Ihre bisherigen Erfahrungen mit dem Tool und welche Pläne hat DDV damit?

Wir zeigen den Kunden, wie sie mit generativer KI ihre Prozesse im Einkauf verschlanken können, und das stößt auf großes Interesse. Wir haben hier einen großen Wissensfundus hinterlegt, hunderte einkaufsspezifische Beiträge, auf die EinkaufGPT bei jeder Antwort zugreift. Das Tool steht kostenfrei für Interessierte zur Verfügung.

Neben den schon angesprochenen Datenschutzbedenken gibt es unter Einkäufern die Sorge, dass durch den Einsatz künstlicher Intelligenz ihre Arbeitsplätze gefährdet sein könnten. Ich bin der festen Überzeugung, dass es dazu nicht kommen wird, aber für uns als Berater ist es sehr wichtig, diese Sorgen ernst zunehmen und die Mitarbeiter in einem Veränderungsprozess zu begleiten. Ganz konkret zu sagen: Was könnt ihr mit KI machen und was verändert sich für euch? Denn KI ist keine Spielerei, sondern wird die Arbeitswelt tiefgreifend verändern.

Mittelfristig zielen wir darauf ab, in Zusammenarbeit mit den Kunden eine KI-Strategie zu entwickeln. Eine Möglichkeit ist, firmeneigenes (Einkaufs-) Wissen zu sammeln, es zu hinterlegen und damit eigene KI-Anwendungen aufzubauen. Perspektivisch wird es irgendwann dazu kommen, dass die KI auf das ERP-System zugreifen kann und mit diesem kommuniziert. Das wäre ein Riesenschritt, weil den Mitarbeitern auf einen Klick Informationen zur Verfügung stünden, nach denen sie lange hätten suchen müssen. Aber das setzt voraus, dass die Daten von der KI auch ausgelesen werden können. Eine gute Stammdatenqualität ist kriegsentscheidend, das ist so und das wird auch so bleiben.

Das Interview führte Mark Krieger.

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