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“Bad Practice” statt “Best Practice”
Geschrieben von:  Frank Sundermann | | Geschätzte Lesezeit 4 Minuten

“Bad Practice” statt “Best Practice”

Warum Bad Practice nachhaltiger ist und was bei Frank Sundermann schon alles daneben ging.

„Because, I’m bad, I’m bad, really really bad!” Das darf nur einer singen – Michael Jackson, der King of Pop. Ansonsten sieht es eher mau aus, wenn es um das Thema „Bad Practice“ geht. Gerne erzählen alle, was sie Gutes gemacht haben und stellen dies dann auf ach so vielen Powerpoint-Folien dar, gerne auch mit Animation. Da kommt es dann zu einer Aneinanderreihung von Gutwörtern wie „Flexibilität“, „Dynamik“, Teamgeist“ oder neuerdings auch „Disruption“ und „Agilität“.

Fragt man die Zuhörer später, was sie noch vom Vortrag wissen, dann bekommen Sie häufig „Ähm …“ oder „Tja …“ oder „Schöne Bilder…“ zu hören. Inhaltliches Feedback ist eher selten. Hingegen äußern sich aufmerksame Zuhörer „Interessant wurde es eigentlich, als der Redner offenbarte: Jetzt mal ehrlich, auch wir hatten da unsere Probleme“. Denn dann sind alle Deckmäntel gefallen und die wahren Punkte kommen zum Vorschein. Deswegen ist „Bad Practice“ spannender und zum Schluss auch nachhaltiger in der Erinnerung als „Best Practice“.

Die Schwierigkeit bei „Bad Practice“ ist nur die, dass sich keiner gerne damit auf die Bühne stellen will. Schließlich wird hier auch der Voyeurismus im Menschen befriedigt, sich an den Pleiten, Pech und Pannen anderer zu ergötzen. Also „Bad Practice“ doch nur ein nettes Gedankenspiel?

Ich sage „Nein!“ Ca. 2-3mal pro Jahr schreibe ich mir meine „Bad Practices“ auf, die ich in Projekten begangen und erlebt habe. Teilweise sind dies „blutige“ Erfahrungen gewesen wie Projektmisserfolge oder Auseinandersetzungen. Aber nur wenn ich mir diese vor Augen führe, kann ich daraus Rückschlüsse ziehen, damit es beim nächsten Mal besser läuft.

Das könnte auch für Sie vielleicht hilfreich sein. Na, dann will ich mal den Michael Jackson in mir wecken und zum „Bad Practice“-Moonwalk ansetzen:

  • Wenn man selber provoziert, dann muss man mit Gegenprovokation rechnen. Aber dann ist es auch wichtig, dass man mit diesen professionell umgeht und einen kühlen Kopf bewahrt. Das ist leider nicht immer mein Ding, da ich sehr leidenschaftlich in den Projekten mitgehe.
  • Wer eine Spend-Analyse über alle Kreditoren des Unternehmens macht, der hat manchmal schneller den Betriebsrat in der Tür stehen, als die Auswertung abgeschlossen ist. Grund dafür sind Reisekostenausgaben für die einzelnen Mitarbeiter, die durch die Auslagen ja somit auch Kreditoren sind. Die Datenschutzgrundverordnung lässt grüßen.
  • Ein nicht durchterminiertes Wertanalyse-Projekt ist ein einziger Krampf. Auch wenn es noch so verführerisch klingt, führt ein „Von Termin zu Termin“-Planen einfach nur dazu, dass maximal die Hälfte der Teams Zeit hat.
  • Wer einen Kostenoptimierungsworkshop mit dem Mitarbeiter eines Lieferanten vereinbart und dessen Geschäftsführung aber nicht zu seinem „ok“ gefragt hat, der kann am Workshoptag selber vor verschlossenen Türen stehen.
  • Eine Warengruppenstruktur aus dem Vertrieb in den Einkauf zu übernehmen, weil diese ja schon vorhanden ist und man soundso zur Hälfte ein Handelsunternehmen ist, sorgt nicht wirklich dafür, dass im Einkauf sinnvoll gebündelt wird.
  • Zum Lenkungsausschuss lieber im Vorfeld einen Geschäftsführer mehr einladen als einen zu wenig. Denn dann dürfen Sie das Ganze noch einmal machen und die Stimmung bei den bisher Beteiligten steigt durch die doppelte Teilnahme eher nicht.
  • Viele Menschen wollen einfach nur hören, dass alles gut wird. Dazu gehören auch Manager und deren Beruhigungsspruch ist: „30% Reduzierung? Erreichen wir, kein Thema“. Wenn Sie aber keinen Schimmer haben, woher die 30% kommen, dann halten Sie Ihren Mund. Denn später sehen die top erreichten 23% im Vergleich zu den zugesagten 30% schlecht aus.

Das soll es für den Blick in die „Bad Practice“-Schatulle gewesen sein. Ich hoffe, dass ich vielleicht durch meine Verfehlungen den einen oder anderen vor seiner Dummheit bewahren und zur Selbstreflexion anstoßen konnte. Ganz frei nach dem Michael Jackson Song „You are not alone”.

Durch Information Vorne

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